Hallo Leute,
viele von euch haben die Gelegenheit genutzt und bei unserem Jubiläumslehrgang am 21.09.2024 bei unserem ehemaligen (wenn so etwas überhaupt möglich ist) Cheftrainer (einmal Chef immer Chef) trainiert.
Aus gesundheitlichen Gründen, konnte ich leider nicht am Lehrgang teilnehmen. Dafür hatte ich genügend Zeit, über die Zeit, als Im Bak wöchentlich im Dojo Training gegeben hat, nach zu denken und mir auch die Telefonate, welche wir vor seinem Besuch hatten, noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich Im Bak am Dienstag nach dem Lehrgang noch einmal persönlich treffen konnte und er übergab mir an diesem Abend die 5 Regel des Karate-Do, die er aus Japan mitgebracht hatte und die er gemeinsam mit Ulli ins Deutsche übersetzt hatte.
Bereits in unseren Telefonaten hatte Im Bak über diese Regeln gesprochen und es war ihm sehr wichtig, dass wir diese erhalten, da sie etwas sind, was er in seiner Zeit beim KCS nicht so in den Vordergrund gestellt hat, was aber, für das Karate-Do elementar ist.
Am Telefon beschrieb Im Bak mir den Ablauf eines Trainingsbeginns in Japan. Nach dem Angrüßen im Knien, sagt der höchste anwesende Karateka (erste Reihe ganz rechts) die Regeln auf und die Gruppe der Trainierenden wiederholte sie laut. So prägen sich die Regeln ein und sind bei jedem Training präsent.
Hier die 5 Regeln, die Im Bak und Ulli zu Papier gebracht haben.
In meinen 50 Jahren des Karatetrainings hatte ich das Glück bei vielen, erfahrenen Meistern trainieren zu dürfen und diese haben viel von ihrem Wissen weitergegeben. Davon sind viele Sachen ganz oder teilweise in meinem Gedächtnis geblieben, ohne den Meister mit dem Text der Weisheit gemeinsam abgespeichert zu haben. Daher kann ich leider nicht die Quelle eindeutig belegen, aber die folgenden Aussagen sind ein Gemisch aus meinen Erinnerungen, vielleicht auch aus mehreren Aussagen unterschiedlicher Quellen gemischt. Oder kurz gesagt meine persönliche Meinung.
Hier meine persönliche Kommentierung zu den Regeln:
Wir, die den Weg des Goju-Ryu Karate gehen und diese Kunst erlernen, sollen stolz darauf sein, die Stilrichtung Goju-Ryu zu erlernen.
Stolz gehört eher zu den negativen menschlichen Eigenschaften, er wirkt aber positiv und motivierend, wenn man sich als Teil einer Gemeinschaft versteht und darauf stolz ist, dazu zu gehören und das man bestrebt ist, die Gemeinschaft zu stärken, damit alle stolz darauf seien können, auf die Gemeinschaft und das Tun jedes einzelnen.
Wir, die den Weg des Goju-Ryu Karate gehen und diese Kunst erlernen, sollen auf Höflichkeit achten.
Körperlich Stärke und sportlicher Erfolg sind ein guter Nährboden für Überheblichkeit und Arroganz. Höflichkeit, eine positive menschliche Eigenschaft, wirkt dem entgegen und Höflichkeit dämpft Aggression. Höflichkeit ist kein Ausdruck von Schwäche.
Wir, die den Weg des Goju-Ryu Karate gehen und diese Kunst erlernen, sollen auf Bescheidenheit und Gesundheit achten.
Bescheidenheit bedeutet, nicht sich selbst und die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen (Egoismus). Die Gesundheit achten kann sich auf den Umgang mit dem Partner beziehen, da die Kunst entwickelt wurde um sich selbst und andere zu schützen, ohne Rücksicht auf die Gesundheit des Angreifers. Im Training und auch im Wettkampf soll man sich zurücknehmen und die Gesundheit des anderen achten. Genau das versprechen wir mit jeder Verbeugung vor einer Partnerübung oder einem sportlichen Wettkampf.
Auf die Gesundheit achten kann auch auf jeden Einzelnen bezogen sein. Führe dein Leben so, dass du immer in der Lage bist, deine Kampfkunst zu üben und zu praktizieren. Wenn du Trainer bist, verlange nichts von deiner Gruppe, was der Gesundheit schaden kann.
Wir, die den Weg des Goju-Ryu Karate gehen und diese Kunst erlernen, sollen den Geist der Gemeinschaft aufrecht erhalten und sich gegenseitig helfen.
Das Dojo ist ein Ort an dem sich eine Gemeinschaft zum Erlernen einer Kampfkunst trifft. Gelernt wird durch gegenseitiges Helfen, vor, bei und nach dem Training. Der Geist der Gemeinschaft wurde von den Gründern des Dojos ins Leben gerufen und beschreibt den Umgang miteinander. Der Geist lebt und entwickelt sich und wird von jedem aktiven Mitglied mit gestaltet. Ohne die Einstellung zu helfen und mit zu arbeiten wäre der Karate-Club Seelze nicht in dieser Größe und mit der Konstanz 50 Jahre alt geworden.
Wir, die den Weg des Goju-Ryu Karate gehen und diese Kunst erlernen, sollen den Geist des traditionellen japanischen Rittertums respektieren.
Karate-Do gehört zu den japanischen Budo Künsten (Budo = der Weg des Kriegers), ist aber eine der jüngsten in dieser langen Liste. Das hatte zur Folge, dass, als die Amerikaner nach dem Ende des 2.Weltkrieges die Budo-Künste aufführten und diese verboten, stand Karate-Do nicht mit auf der Liste und durfte somit weiter trainiert werden. Das, zusammen mit dem Bestreben der japanischen Meister, das Karate-Do weltweit bekannt zu machen und zu lehren, führte zu der großen Verbreitung des Karate-Do seit dem Ende des 2.Weltkrieges. Der Geist des japanischen Rittertums wird auch schon in den ersten 4 Regeln beschrieben, zu ihm gehören weiter Loyalität und Gehorsam.
Soweit die 5 Regeln und meine Interpretation, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Sie bezieht sich mehr auf das gehörte Wort als auf das gelesene. Jeder der hier mehr wissen möchte, sollte sich weitere Quellen suchen.
Ich habe auch persönliche Erinnerungen an Im Bak, die meine Einstellung zum Karate-Do verändert haben.
Es war der Tag meiner Dan-Prüfung und ich hatte diese gerade, mit einiger Kritik, bestanden, Ich hatte eine breite Brust und ich war stolz auf den neuen Gürtel. Auf unserer gemeinsamen Rückfahrt erklärte Im Bak mir seine Sicht der Lage:
-
Dan bedeutet Verantwortung, die musst du jetzt übernehmen. Ich habe für mich später ergänzt, viel Dan bedeutet viel Verantwortung im Karate-Do
-
mit dem neuen Gürtel hast du kein Trainingskapitel beendet, du hast ein neues angefangen (ich verband für mich diese Aussage später mit dem Zitat : Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der verkehrten Stelle).
-
bei jedem Training musst du beweisen, dass du es wert bist, diesen Gürtel zu tragen. Da habe ich nichts hinzu zu fügen, das habe ich geschwitzt.
Diese Worte haben sich bei mir eingeprägt und ich gebe sie gern am Ende von Gürtelprüfungen an die „stolzen“ Prüflinge weiter, mit einem Satz von mir :
-
der beste Ort seinen neuen Gürtel zu zeigen ist das Dojo
Es ist viel Text geworden, da ich viel Zeit hatte zum Nachdenken. Wie gesagt es ist bestimmt nicht die ganze Wahrheit.
Es ist aber auf jeden Fall ein Danke an das Geschenk aus Japan und an alle, die mich auf meinem Weg begleitet haben.
Ich hoffe ihr hattet Spaß am Lesen und es ist Ansporn für euren Weg.
Klaus